Informationen für interessierte Bibliotheken
Saatgut alter Nutzpflanzensorten und das dazugehörige Wissen sind ein unverzichtbares und erhaltenswertes Kulturerbe. Wie die Vermehrung der Pflanzen funktioniert, wissen nur noch wenige von den Eltern oder Großeltern. Zu selten können Schulgärten auf die Samengärtnerei eingehen. Aber das Interesse wächst, und einige Bibliotheken haben begonnen, Saatgut zum Verleih anzubieten.
Der Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (VEN) bietet Bibliotheken den Saatgutverleih als Bildungsprojekt an. So können die Menschen im eigenen Garten mit ausführlicher Anleitung die Samengärtnerei praktisch erlernen und das selbst vermehrte Saatgut über die Bücherei weiteren Interessierten zur Verfügung stellen.
Was bedeutet Saatgutverleih?
Die Bibliotheken können das Saatgut genauso wie andere Medien in ihr Verleihsystem einpflegen. Mit der Ausleihverbuchung wird der Kontakt zu den Nutzer*innen hergestellt und damit die wichtige Möglichkeit, neben dem Saatgut auch das nötige Wissen an die Nutzer*innen weiter zu geben. Ohne dieses Wissen kann die Vermehrung kaum gut genug gelingen. Hierfür stellt der VEN geeignete Bildungsmaterialien zur Verfügung.
Was ist der Unterschied zu einer Saatgut-Tauschkiste?
Das Projekt bietet Saatgut nicht zum Tausch an, weil in einer Tauschkiste das erforderliche Wissen über die Saatgutgewinnung bei Nutzpflanzen nicht weitergegeben werden kann. Außerdem wird erfahrungsgemäß das Saatgut gerne mitgenommen, aber kaum neues Saatgut in die Tauschkiste hineingelegt.
Warum beschränkt sich der Verleih auf fünf Gemüsearten?
Einige Gemüsearten eignen sich mehr für Anfänger*innen, andere weniger. Leicht zu vermehren sind: Tomaten, Bohnen, Erbsen, Salat und Gartenmelde. Die ersten vier Arten sind selbstbefruchtend und unerwünschte Einkreuzungen sind selten. Gartenmelde ist zwar ein Fremdbefruchter, aber Einkreuzungen werden bereits an Jungpflanzen erkannt und können entsprechend eliminiert werden. Von allen fünf Gemüsearten kann der VEN eine große Vielfalt unterschiedlicher, samenfester Sorten anbieten.
Das Projekt bietet Bildungsmaterialien für alle aufgeführten Gemüsearten an. Empfehlenswert ist, nur eine Sorte von einer Gemüseart zu verleihen, um einer Verwechslungsgefahr vorzubeugen. Saatgut ohne Sortennamen ist für die Weitergabe ungeeignet.
Welche Bildungsmaterialien stehen zur Verfügung?
Das Projektfaltblatt stellt Ziel und Konzept des Saatgutverleihs vor.
Flyer zu den fünf Gemüsearten: Zusammen mit dem Saatgut steht für jede Gemüseart ein doppelseitiger Flyer zur Verfügung. Er hilft schon bei der Entscheidung, welche Gemüseart zu den eigenen Gartenmöglichkeiten passt. (Flyertext: Bohne, Erbse, Salat, Tomate, Gartenmelde)
Während der Saison gibt es weitere Informationen zum Anbau und zur Saatgutgewinnung in mehreren Newslettern. Die Texte stellen wir Ihnen zur Verfügung.
Wo kommt das Saatgut für den Verleih her?
Die Vielfaltserhaltung erfolgt in den Gärten der VEN-Mitglieder. Das Projekt stellt für teilnehmende Bibliotheken Saatgut geeigneter, samenfester Sorten von VEN-Mitgliedern zusammen, die es nach einheitlichen Vorgaben eintüten und etikettieren.
Warum Saatgutspenden problematisch sein können
Spenden entlasten das Budget. Allerdings ist die Qualität nicht selbstverständlich:
- Manchmal fehlt der Sortenname und das Erntejahr.
- Die Herkunft des Saatguts ist oft unbekannt. Es können zugelassene Sorten sowie Hybridsaatgut darunter sein. Beides darf nicht vermehrt werden, da es durch gesetzliche Regelungen geschützt ist.
- Für Spenden anderer Gemüsearten gibt es kein begleitendes Programm der Wissensvermittlung. Damit wird ein wichtiges Ziel des Projektes, nämlich die Weitergabe von Wissen zur Saatgutgewinnung, nicht erreicht.
- Zuweilen werden unwissentlich giftige Arten oder ungenießbare Sorten angeboten. Beispielsweise sind verkreuzte Kürbisse und Zucchinis ungenießbar bis giftig. Die Kornrade war früher ein gefürchtetes, weil giftiges Ackerunkraut.
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Wie funktioniert die Ausleihe?
Im Verbuchungssystem kann z.B. für das Saatgut eine „Zweigstelle Saatgutverleih“ eingerichtet oder eine neue Kategorie gebildet werden, genauso wie für Bücher, DVD oder Spiele.
Als Ausleihfrist sind neun Monate empfehlenswert. Auf Säumnisgebühren und Mahnungen sollte verzichtet werden, denn nicht alle Nutzer*innen werden das Saatgut erfolgreich vermehren können.
Mit der Ausleihe erfragen Sie die E-Mail Adressen zum Aufbau eines Newsletterverteilers. Der VEN wird Ihnen zehn Texte zur Verfügung stellen. Mit dem Newsletter werden die Nutzer*innen durch das Gartenjahr von der Aussaat bis zur Saatgutgewinnung begleitet und an die Rückgabe des neu gewonnenen Saatgutes erinnert.
Mit der Ausleihe erhalten die Nutzer*innen eine Transporttüte, auf der Ihr Ausleih-Barcode angebracht wird. In dieser Transporttüte stecken zwei weitere Tüten: Eine Tüte ist mit Saatgut befüllt, die andere ist leer. Beide sind mit denselben Sorteninformationen etikettiert. Die Leertüte soll für die Rückgabe genutzt werden. Es darf mehr Saatgut und auch in anderen Tüten zurückgegeben werden. Die Beschriftung muss für die weiteren Saatguttüten übernommen werden
Mit wieviel Rücklauf kann man rechnen?
Das im Newsletter vermittelte Wissen vorausgesetzt, könnte ein Saatgut-Rücklauf von 30 bis 50 % der Nutzer*innen erwartet werden. Der VEN empfiehlt, ausschließlich korrekt beschriftete Saatguttüten anzunehmen. Neue Leertüten und Etikettentexte können vom VEN kostenlos bezogen werden.
Was bedeutet „samenfest“ und „hybrid“?
Der VEN erhält ausschließlich traditionelle, nicht mehr zugelassene, samenfeste Gemüsesorten. Sie können, im Gegensatz zu den Hybridsorten, sortenrein vermehrt werden. Diese können sich bei regelmäßigem Anbau gut an ihre Umwelt anpassen. Hybridsaatgut muss dagegen immer wieder neu durch Kreuzungen von Inzuchtlinien gewonnen werden und ist daher „Einweg-Saatgut“. Es ist auf den Saatguttüten im Gartenmarkt mit F1 oder Hybrid gekennzeichnet. Hybridpflanzen sind gleichförmig und besonders ertragreich. Sie lassen sich aber nicht sortenecht vermehren, man muss für jede Aussaat Saatgut nachkaufen. Die Vermehrung ist wegen geistiger Eigentumsrechte (vergleichbar mit Patent) untersagt.
Ist der Verleih rechtlich gestattet? Gibt es Haftungsfragen?
Sorten ohne geistige Eigentumsrechte dürfen uneingeschränkt vermehrt und weitergegeben werden. Der VEN bietet nur solche Sorten an. Haftungsprobleme sind nicht bekannt. Durch deren Vermehrung und die Weitergabe ist in den 35 Jahren, in denen der VEN tätig ist, kein Schaden entstanden.
Rahmenprogramm vor Ort
Viele Bibliotheken organisieren ein eigenes Rahmenprogramm, zum Beispiel:
- Auftaktveranstaltung
- Vorträge (Saatgutgewinnung, warum ist der Erhalt der Nutzpflanzenvielfalt wichtig? )
- Praktische Aktionen (Tomaten pflanzen, gemeinsam aussäen, Saatguttüten basteln, gemeinsam ernten)
- Lesungen
- Ausstellungen
- Aktionstage
- Filmvorführungen
- Sommer- oder Erntefest
In manchen Regionen können Mitglieder des Vereins zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt das Rahmenprogramm unterstützen. Für Ihre Anfrage nutzen Sie bitte unsere Kontaktformular.
Kooperation mit Organisationen und Einzelpersonen vor Ort empfiehlt sich, beispielsweise mit Kindergärten, Schulbauernhöfen, Schulgärten, Kleingartenvereinen, Mehrgenerationengärten, Solawis, Freilichtmuseen, Volkshochschulen, Naturschutzverbänden etc.
Wie lange dauern die Vorbereitungen?
Unser Projektteam bereitet die nächste Saison ab Anfang September bis Ende Februar vor. In dieser Zeit finden regelmäßig Online-Sprechstunden für die Bibliotheken statt. Saatgut und Werbematerialien werden zusammengestellt und versandt.
Bibliotheken können sich bis Ende Dezember anmelden und beraten lassen.
Die Bibliotheken planen in dieser Zeit ihr Rahmenprogramm für die kommende Saison. Sie klären die technischen Voraussetzungen und die Abläufe für die Ausleihverbuchung sowie den Aufbau eines E-Mailverteilers.
Wann sollte die Ausleihe beginnen?
Die Ausleihe sollte ab Mitte Februar, spätestens Anfang März beginnen, weil Salat und Gartenmelde schon ab Februar ausgesät werden können. Die Tomatenaussaat erfolgt in der zweiten Märzhälfte, Palerbsen ebenso, Zucker- und Markerbsen werden ab Anfang April, Bohnen erst nach den Eisheiligen Mitte Mai ausgesät.
Kosten
Unsere Beratung, Werbematerialien und Newsletter stellen wir Ihnen kostenlos zur Verfügung.
Das samenfeste Saatgut wird von unseren Mitgliedern einheitlich verpackt und etikettiert. Wir berechnen einen Wertschätzungsbeitrag von 3,00 €/ Portion inkl. Porto und Versand. Für den Start empfehlen wir Ihnen 80 - 100 Portionen.
Das Saatgut, dass Sie von uns erhalten unterliegt keinem Sortenschutz oder Patenten und kann von jedermann getauscht, ausgeliehen und weitergegeben werden. Bis auf wenige Ausnahmen haben alle Sorten keine EU-Registrierung oder Zulassung. Die Ausnahmen beziehen sich auf Sorten, die als Amateursorte in einem europäischen Land zugelassen sind oder eine Opensource Lizenz haben.
Hinzu kommen ggf. Kosten für die Einrichtung der Ausleihe und die Organisation von Veranstaltungen.
Anmeldung für interessierte Bibliotheken
Sie haben Interesse am Saatgutverleih? Dann melden Sie sich bitte bei uns für unseren E-Mailverteiler an.
Über unseren E-Mailverteiler für Bibliotheken werden Sie regelmäßig informiert:
- Sie erhalten Einladungen zu unseren Informationsveranstaltungen (online)
- Sie können sich mit anderen Bibliotheken vernetzen und austauschen (online)
- Sie erhalten kostenlos Bildungsmaterialien
- Sie erhalten ca. 10 Newsletter im Jahr, die Sie über Ihren E-Mailverteiler an Ihre Nutzer*innen weiterleiten können.
- Sie können samenfestes Saatgut einheitlich verpackt und etikettiert bestellen (Wertschätzungsbeitrag 3,00 €/ Portion inkl. Porto und Versand). Wir empfehlen 80 - 100 Portionen.
Ab September 2024 bereiten wir mit Ihnen gemeinsam die nächste Saison vor.
Ab Mitte November 2024 können Sie bei uns Saatgut und Bildungsmaterial bestellen.
Bestellungen werden bis Ende Januar 2025 von uns angenommen und bearbeitet.
Weitere Fragen beantwortet gerne
Bitte nutzen Sie unser Kontaktformular.
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