Newsletter # 2, April 2024

Liebe Teilnehmer*innen am bundesweiten Projekt „Saatgut leihen – Vielfalt ernten“!

Wir vermehren samenfeste Sorten, die sich auf ursprüngliche Weise mittels Selbst- oder Fremdbefruchtung vermehren lassen, ohne ihre sortenspezifischen Eigenschaften zu verlieren. Das bedeutet, aus ihren Samen wachsen wieder Pflanzen, die die gleichen Eigenschaften haben und so aussehen wie ihre Elternpflanzen.

Leicht zu vermehren sind Gemüsearten, die sich selbst bestäuben. Der Befruchtungsvorgang findet oft schon in der noch geschlossenen Blüte statt. Das ist der Fall bei den Gemüsearten Tomate, Erbse, Salat und Gartenbohne. Genau deshalb haben wir diese Gemüsearten für dieses Projekt ausgesucht. Sie sind für Einsteiger*innen in das Thema Saatgutgewinnung sehr gut geeignet. Gut zu wissen: Jede diese Gemüseart fächert sich in einer unglaublichen Sortenvielfalt auf, die Sie so im Handel nicht mehr finden können.

Heute haben wir für Sie folgendes vorbereitet:

Im nächsten Newsletter beschreiben wir das Auspflanzen der Tomaten und die Aussaat der Bohnen.
Bis dahin viel Freude beim Lesen, am Ausprobieren und Beobachten!
Bei Fragen oder Problemen melden Sie sich gerne: info@saatgutleihen.de

 

Unsere fünf Gemüsearten: Was liegt an?

 

GartenmeldeHellgruene Gartenmelde_Heidi Lorey_VEN

Spätestens jetzt wird es Zeit, die Gartenmelde auszusäen (siehe Newsletter # 1). Haben Sie schon im März ausgesät? Dann sollten jetzt schon die kleinen Pflänzchen zu erkennen sein. Sobald die Reihen zu erkennen sind und die Gartenmelde von unerwünschten Beikräutern zu unterscheiden ist, wird zwischen den Reihen vorsichtig gejätet.

Bitte, immer alles gut beschriften! Nutzen Sie dafür ein Pflanzetikett.

 

Hirschzunge_Renate Duering_VENSalat

Salat, der in Aussaatschalen gesät wurde, kann ca. 4 Wochen später ausgepflanzt werden. Die Jungpflanzen werden idealerweise an einem schattigen Tag ausgesetzt, denn dann verdunsten die Blätter weniger Wasser. Nach dem Setzen müssen die Wurzeln gut eingeschlämmt werden, also vorsichtig wässern. Salatpflanzen werden hoch gesetzt. Ihr Erdballen muss ein wenig über dem Bodenniveau liegen. Wird der Salat zu tief gesetzt, bilden sie keine Köpfe aus.

Ansonsten kann nun der Salat auch direkt ins Beet gesät werden.

Bitte, immer alles gut beschriften! Nutzen Sie dafür ein Pflanzetikett.

 

Friesje frisch pikiert_Renate Duering_VENTomaten

Tomaten können ca. 4 Wochen nach der Aussaat pikiert werden. Pikieren bedeutet, dass die kleinen Pflänzchen, sobald die ersten Tomatenblättchen nach den beiden Keimblättern zu erkennen sind, in kleine Töpfchen von ca. 9 cm Durchmesser gesetzt werden. Die Tomatenpflänzchen werden etwas tiefer gesetzt.

Bitte, immer alles gut beschriften! Nutzen Sie dafür ein Pflanzetikett.

 

 

BohnenMorriemer Suppenbohne im Topf vorgezogen_Renate Duering_VEN

Für die Bohnen ist es jetzt im April noch zu früh. Sie werden nach den Eisheiligen Mitte Mai bis spätestens Anfang Juni direkt im Beet ausgesät.

Allerdings ist es möglich, die Bohnen in Töpfen vorzuziehen. Das kann sinnvoll sein, wenn nur wenige Korn Saatgut vorhanden sind oder um die zarten Pflanzen vor Schnecken zu schützen. Stangenbohnen wird damit auch ein kleiner Wachstumsvorsprung gegeben.

Wer diese Mehrarbeit gerne auf sich nimmt, kann Ende April mit der Voranzucht beginnen. In Töpfen mit einem Durchmesser von 9 cm werden jeweils 3-5 Korn 5 cm tief gesteckt werden. Da Bohnen empfindliche Wurzeln haben und nicht pikiert werden wollen, eigenen sich für die Anzucht sehr gut kompostierbare Pflanztöpfe oder 500 gr-Quarktöpfe, in die unten ein kleiner Schlitz als Abzugsloch gemacht wurde. Der Topf kann mit Folie abgedeckt werden. Sobald sich die Bohnen aus der Erde drücken, wird die Folie abgenommen. Die Töpfchen werden an einen möglichst kühlen, aber hellen Ort im Haus oder in ein frostfreies Gewächshaus gestellt. Diese Pflanzen dürfen erst nach draußen, wenn die Temperatur über 10 ° bleibt. Nach den Eisheiligen, also nicht vor Mitte Mai, werden die Pflanzen ins Beet ausgepflanzt.

Bitte, immer alles gut beschriften! Nutzen Sie dafür ein Pflanzetikett.

 

ErbsenAllerfruehste Mai mit Vlies abgedeckt_Jasmin Karp_VEN

Die Palerbsen müssen spätestens jetzt ausgesät werden. Für Mark-, Zucker- und Zuckermarkerbsen ist ab Anfang April genau der richtige Zeitpunkt. Gelegt werden die Erbsen direkt ins Beet und zwar ca. 3 cm tief und mit 5 cm Abstand innerhalb einer Reihe. Die Reihen sollen je nach Wuchshöhe einen Abstand von 40 bis 60 cm haben. Eine Vliesabdeckung für schnelleres Auflaufen und gegen Vogelfraß ist sinnvoll. Bei vielen Schnecken im Garten oder wenn nur wenig Saatgut vorhanden ist können Erbsen auch in Töpfen vorgezogen werden.

Wenn die Erbsen im März gesät wurden, sollten nun die ersten Pflänzchen zu erkennen sein. Sobald die Erbsen vom Beikraut zu unterscheiden sind, wird zwischen den Reihen gejätet.

Falls nicht schon geschehen und die Sorte über 40 cm hoch wird, ist es jetzt an der Zeit, den Pflanzen etwas zum Hochranken anzubieten. Traditionell werden dafür Reiser genutzt. Reiser sind dünne Äste mit einer Länge von 60 bis 120 cm, die entlang der Aussaat gesteckt werden. Zum Hochranken eignen sich des Weiteren auch vorhandene Maschendrahtzäune, Baustahlmatten und Netze, die zwischen zwei Stäben gespannt werden.

Bitte, immer alles gut beschriften! Nutzen Sie dafür ein Pflanzetikett.

 

Wichtig:
Es sollte immer nur eine Erbsensorte im Garten angebaut werden,
wenn Saatgut von den Pflanzen gewonnen werden soll.

Erbsen sind zwar strenge Selbstbefruchter, allerdings ist eine Verkreuzung nie ganz auszuschließen. Besonders nachteilig wirkt sich eine Verkreuzung bei den Zuckererbsen aus, weil eine Einkreuzung von Pal- oder Markerbsen dazu führt, dass eine Pergamentschicht in der Hülsenwand entsteht. Mit der eingekreuzten Pergamentschicht gehen die typischen Eigenschaften der Zuckererbse verloren!!!

Für die Ernte von neuem Saatgut bitte bei einigen gesunden Pflanzen die ersten Hülsen an den Pflanzen ausreifen lassen. Damit nicht ein anderes Familienmitglied diese Hülsen erntet, diese am besten deutlich sichtbar mit einem bunten Band markieren.

 

Aus unserem Sortiment: Die Erbse (Pisum sativum)

Die Gartenerbsen werden je nach Verwendung in folgende drei Varitäten unterschieden:Palerbsen, Markerbsen, Zuckererbsen

Palerbsen

Die älteste Gruppe der Gartenerbsen sind die Palerbsen. Hauptzuchtziel bei diesen Sorten war vor allem der hohe Ertrag. Palerbsen eignen sich nicht allzu gut für den Frischverzehr, da die Erbsen recht schnell mehlig schmecken. Sie enthalten mehr Stärke als die anderen Varianten. Deshalb eignen sie sich sehr gut für Eintöpfe, Pürees und Suppen, deren Konsistenz besonders cremig sein soll. Die Hülsen der Palerbsen müssen auch für die Nutzung in der Küche vor der Ernte vollständig ausreifen. Die Körner ausgereifter Erbsen sind glatt und gelb oder grün.

Gute alte Sorten der Palerbse sind: 'Allerfrüheste Mai', 'Kleine Rheinländerin', 'Ihlow'

 

runzelige Markerbsen_Renate Duering_VENMarkerbsen

Bis zum 17. Jahrhundert war es nicht üblich, frische junge Erbsen zu essen. Sie waren eine teure Rarität. Markerbsen enthalten mehr Süße als die Palerbsen. Sie werden immer im jungen noch grünen Stadium gegessen. Ganz jung kann auch die Hülse mitgegessen werden. In der Regel aber werden die noch unreifen, grünen saftigen Hülsen ausgepult. Die Erbsen werden wenige Minuten mit etwas Butter oder Öl gedünstet.

Die ausgereiften Körner der Markerbsen sind im Gegensatz zu den glattschaligen Palerbsen etwas geschrumpft und dadurch runzlig. Anders als die Palerbsen können diese nicht als Trockenerbsen verwendet werden, da die Samen der Markerbsen beim Kochen nicht mehr weich werden.

Sorten der Markerbse: 'Lancet', 'Erler Erbse', 'Thomas Laxton'

 

Zuckererbsen

Im 17. Jahrhundert begannen holländische Gärtner Zuckererbsen zu züchten. im Gegensatz zu den Pal- und Markerbsen fehlt ihnen die feste Pergamentschicht in der Hülse. Zuckererbsen werden im Handel fälschlicherweise als Zuckerschoten bezeichnet. Botanisch korrekt sind die Früchte der Erbsen aber keine Schoten, sondern Hülsen. Zuckererbsen werden jung für die Küche geerntet. Sie können gut roh mit der Hülse oder kurz angedünstet verzehrt werden.

Zuckererbsen konnten sich früher nur wenige Menschen leisten, so dass der Verzehr dieser Delikatesse lange ein Privileg der Adelsschicht blieb. Am Königshof Ludwig XIV. waren frische Zuckererbsen so angesagt, dass der Sonnenkönig Teile des Louvre-Parks in einen Erbsengarten umfunktionieren ließ. Historische Quellen berichten sogar, die französische Königin habe sich darüber beklagt, dass die Prinzen nichts anderes mehr essen wollten.

Zuckererbsensorten: 'Grootzuckearfen', 'Frühe Heinrich', 'Landsorte Slowakei 1513'

Bitte beachten: Die 'Frühe Heinrich‘ möchte gerne ihren netten Namen behalten. Sie ist kein Früher Heinrich, sondern eine 'Frühe Heinrich'. Der Name ist Programm. Sie war einst eine beliebte und robuste Zuckererbsensorte, die mittlerweile nur noch in privaten Gärten zu finden ist.

Die Zuckermarkerbse hingegen hat eine sehr dicke Hülsenwand, daher wird sie auch Zuckerbrecherbse genannt. Sie hat leckere, dickwandige, knackige, süße Hülsen mit sehr kleinen Kernen.

 

Schutz vor Kälte

Im Handel gibt es sogenannte Kulturschutznetze oder (Wachstums-)Vliese – als Meterware oder mit bestimmten Maßen. Hier macht es Sinn, ein hochwertiges Produkt zu kaufen, weil es dann über mehrere Jahre hinweg verwendet werden kann. Mittlerweile gibt es auch plastik- bzw. erdölfreie Varianten. Bei der Anbringung der Vliese/ Netze sind Rundbögen aus dickem Draht oder Kunststoff hilfreich. Alternativ lassen sich auch Stöcke nutzen, über die jeweils ein Pflanztopf gestülpt wird, damit eine größere Aufliegefläche entsteht und das Netz/Vlies nicht aufgescheuert wird. Dieses Material lässt Licht, Luft und auch Regen durch, daher kann es über lange Zeiträume auf dem Gemüse verbleiben.

Über einzelne Pflanzen, beispielsweise beim Salat, können auch größere Kunststoffbecher als Minitreibhaus gesetzt werden.

 

Unser Buchtipp

Wolf-Dieter Storl_Jasmin Karp_VENWolf-Dieter Storl: Bekannte und vergessene Gemüse. Botanik, Geschichte, Heilkunde und Anwendungen. 5. Auflage, 2021, AT Verlag Aarau

Unsere alltäglichen Gemüse sind weit mehr als bloße Vitaminspender: Sie sind voller Geheimnisse, bunter Geschichten und Magie, zum Teil finden sich unter ihnen auch kraftvolle Heilpflanzen mit klinisch erwiesenen medizinischen Wirkungen. 50 Gartengemüse, darunter auch seltene und vergessene Gemüse- und Salatpflanzen, stellt Wolf-Dieter Storl, der große Kenner und Erforscher der Heil- und Nutzpflanzen, spannend und gut lesbar vor. Eine einzigartige Verbindung von Gartenbuch, Ethnobotanik, Kulturgeschichte und alten wie auch neuesten medizinischen Erkenntnissen. (Text AT Verlag)

 

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